Endlich wieder Sonne, endlich wieder raus. Aber mit einem Jahr Pandemieerfahrung wissen wir ja langsam alle: Draußen ist besser als drinnen.
Natürlich gelten auch an der frischen Luft Regeln. Wie sehr müssen wir im Freien aufpassen, dass wir uns nicht anstecken?
Das wollten wir von Christof Asbach wissen – Aerosolforscher am Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung – und Rot-Weiß-Oberhausen-Fan. Nur, damit Sie wissen, was da für'n Wimpel hängt.
Szenario 1: Spazierengehen, ohne Maske
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Also risikoreich, oder risikobehaftet wird es dann, wenn man sich tatsächlich gegenübersteht und dabei sich unterhält, weil dann die Aerosolwolke, die ich ausstoße, vom Gegenüber direkt eingeatmet werden kann. Wenn ich nebeneinander hergehe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man diese Aerosolwolke einatmet, schon erheblich geringer.«
Szenario 2: voller Fußweg mit Spaziergängern
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Um sich zu infizieren, braucht man eine gewisse Mindestanzahl an Viren, die ich einatme. Das ist nicht genau bekannt, wie viel, aber wir reden über einige hundert bis einige tausend Viren, die man einatmen muss. Und wenn ich jetzt einfach Leuten begegne oder mich Leute überholen, selbst wenn da eine infizierte Person dabei ist, die Viren ausstößt, ist die Kontaktzeit sehr, sehr gering. Das heißt, es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ich in dieser kurzen Zeit so viele Viren einatme, dass ich mich infiziere.«
Szenario 3: hintereinander joggen
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Da gab's ja im letzten Jahr auch so eine Studie aus den Niederlanden, die gesagt hat, dass das kritisch ist. Die ist allerdings auch relativ stark kritisiert worden, weil das eben unter Laborbedingungen im Windkanal untersucht wurde und ich draußen natürlich gar nicht so eine gerichtete Strömung habe und haben kann, wie ich die in so einem Windkanal habe. So dass sich das wahrscheinlich in dem realen Szenario, wenn zwei Jogger hintereinander herlaufen, gar nicht so kritisch darstellt, wie das in dem Windkanal war. Als Sportler atme ich natürlich tiefer und schwerer . Und klar, da stößt man auch ein bisschen mehr Partikel und Viren aus, aber immer noch einen kleinen Bruchteil dessen, was man beim Sprechen ausatmet. Gleiches gilt übrigens auch auf dem Fußballplatz. Die Frage ist mir letztens auch gestellt worden, ob das denn kritisch wäre. Da sage ich: Eigentlich wird es erst dann kritisch, wenn man mit dem Schiedsrichter diskutiert.«
Szenario 4: Anstehen am Eisstand
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»In dem Moment, wo man sich miteinander unterhält in einer solchen Schlange und dann dort längere Zeit steht, könnte es kritisch sein. Dann ist es sicherlich angeraten, da auf Nummer sicher zu gehen und auch eine Maske anzuziehen. Das ist auch einer der wesentlichen Gründe für das Abstandsgebot, dass diese großen Tröpfchen, und dann reden wir über Tropfen, die sind dann im Bereich von einigen hundert Mikrometer, also schon mehr als ein Zehntelmillimeter. Die kann man schon direkt auch sehen und die fliegen tatsächlich wie in so einer Wurfparabel aus dem Mund heraus. Und wenn ich zu nah dran stehe, dann kann ich die möglicherweise direkt auch mit einatmen.«
Szenario 5: Unterhaltung auf Parkbank
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Wenn man eine Dreiviertelstunde lang dort sitzt und sich unterhält auf einer Parkbank, je nachdem wie groß die Parkbank ist, wo der der Abstand vielleicht auch nicht gewahrt werden kann, dann sollte man schon in Erwägung ziehen, sich eine Maske aufzuziehen.«
Szenario 6: vollbesetzte Wiese
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Wenn viele Leute da sind, steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass mehr als nur einer infiziert ist. Und damit hab ich gegebenenfalls auch mehr Viren in der Luft. Gleichzeitig sinkt diese Konzentration aber deutlich mit dem Abstand zu dieser Quelle zu der infizierten Person. Wenn mehr Leute in der Nähe der infizierten Person sind und eben diesen Mindestabstand nicht einhalten, dann erhöht sich natürlich das Risiko für jede einzelne Person.«
Szenario 7: Demonstration
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Wenn man spricht, oder insbesondere laut spricht, etwas ruft, etwas skandiert, dann stößt man eben mehr Aerosolpartikel und damit auch mehr Viren aus. Und wenn dann noch Mindestabstände nicht eingehalten werden, dann kann das tatsächlich auch zu einem kritischen Ereignis werden.«
Einige Städte verschärfen derzeit ihre Maskenpflicht im Freien, wie Hamburg oder Düsseldorf, wo nun am Rheinufer und in der Altstadt zu belebten Zeiten sogar verboten ist, länger stehenzubleiben oder sich hinzusetzen. Ist so etwas sinnvoll?
Christof Asbach, Aerosolforscher:
»Also aus rein aerosolwissenschaftlicher Sicht ist eine solche allgemeine Maskenpflicht nicht notwendig, sondern darf da kann man durchaus differenzierter vorgehen. Ich verstehe aber, dass das aus politischer und auch aus psychologischer Sicht sinnvoll sein kann. Einfach um die Leute immer wieder daran zu erinnern, dass wir eine Pandemie haben und man sich entsprechend schützen muss. An so neuralgischen Orten, wo einfach viele Menschen zusammenkommen, ist die Wahrscheinlichkeit natürlich viel, viel höher, dass es zu solchen Situationen kommt. Also insofern kann man das schon nachvollziehen. Und ich glaube, ein großes Problem ist auch, dass sie in Düsseldorf einfach der Situation dann nicht mehr Herr werden, wer sich denn jetzt regelkonform verhält und wer nicht. Die kritischen Situationen sind halt vor allen Dingen dann, wenn man sich gegenübersteht und sich unterhält dabei.«